Millionengeschäft
FALCO.
Cyber - Show, Musical, Film, CD's,
Museum - ein Mythos soll weiterleben.
Der Plot ist fast zu gut um real
zu sein. Ein Junge aus armen Elternhaus macht Kommerzmusik in Bierzelten, wird
entdeckt und landet schliesslich auf Platz 1 der US-Charts. Doch er verkraftet
weder den Ruhm noch die Millionen, stürzt ab in Drogen und Alkohol und
stirbt schliesslich einsam wie James Dean. Ein Soff aus dem Mythen gemacht sind. Seit Hans Hölzel am 6. Februar
1998 auf der staubigen Landstrasse nach Puerto Plata in der Dominikanischen
Republik gegen einen Bus krachte, wurde aus dem zuletzt nur mäßig
erfolgreichen Sänger eine Kultfigur ersten Ranges. Das postmortale Geschäft
mit dem Mann aus den Hinterhöfen Wien-Magaretens, der einst die amerikanischen
Hitparaden erobertem blüht. Mit einer neuen kommerziellen
Offensive von Musicals, Filmen und neuen Tonträgern soll die Kultfigur
Falco nun so unsterblich werden wie die Dietrich selig.
Phänomen Falco. Warum bewegt das Schiksal von Hans Hölzel
Millionen? Er war der Exzentriker, in der
Öffentlichkeit ein brillanter Selbstinszenierer, doch innerlich fragil,
verletzlich, einsam und in seinem Denken nicht einordenbar. "Das was er
machte, bleibt einzigartig", versucht Stephan Friedberg, Doyen der Plattenbranche
und Sachverständiger für das Falco - Erbe, eine Erklärung. "
Wir können heute weder reproduzieren, begreifen noch verstehen." "Sein früher Tod hat
erst den Mythos gemacht.", ist RTL-Chefredakteur Hans Mahr, früher
Berater Falcos, überzeugt. "Ein Ende, das die Menschen bewegt."
Cyber-Show. Wenn dieses Wochenende Beethoven, Schubert, und Bach
im Wiener Ronacher nur Falco übers *Ficken* parlieren, ein Schrammel-Quartett
Wienerlieder spielt oder die Titanic ausgerechnet vor der Dominikanischen Republik
versinkt, so ist dies die auf die Bühne gebrachte Geschichte des Menschen
Hans Hölzel. Der Kampf eines sensiblen, einsamen Künstlers gegen sein
zweites Ich, das nur als virtuelle Figur existiert, die ihm das Leben zur Hölle
macht. Fast wie im realen Leben. Joshua Sobols F@lco - A Cyber Show mit André
Eisermann, Star aus Joseph Vilsmaiers Verfilmung des Kultbuches *Schlafes Bruder*,
in der Rolle des Hans Hölzel soll eine neue Form des High-Tech-Bühnen-Spektakels
mit Computeranimationen, Laser und Vidiwalls sein. In Collagen erlebt man Falcos
ersten Erfolg mit *Der Kommissar*, die Enttäuschung mit *Junge Römer*,
die mentale Katastrophe des untergeschobenen Kindes und den verzweifelten Versuch,
die von ihm geschaffene Kunstfigur zu vernichten. Doch entgeht er seinem Über-Ich
nicht. In der Dominikanischen Republik ereilt ihn das Schicksal - in der Show
als gigantisches Videospiel dargestellt. "Es ist das Beste, was ich je
auf dem Musicalsektor gesehen habe.", kommentiert Falco-Entdecker Markus
Spiegel nach den letzten Proben vor der Premiere am 1. April.
Die totale Vermarktung. Auch sonst läuft das Geschäft
mit Falco auf Hochtouren.
Cyber - Show - CD. Parallel zur Show erscheint auf dem neuen
*Libro*-Label die von Falcos langjährigem Bandleader Thomas Rabitsch produzierte
CD der Show.
- Das Berliner Musical.
Im 1400 Zuschauer fassenden
Berliner *Theater des Westens* will Bühnen-Rambo Burkhard Driest, 60, ab
23. September in *Falco meets Amadeus* sein Leben zum wüsten Musical machen.
Und dabei auch Hans Hölzels dunkle Seiten nicht negieren. Intendant Elmar
Ottenthal: " Nur der Glanz interessiert nicht. Wo kein Schatten ist, da
ist auch kein Licht. Man muss auch diese Seiten von Hans Hölzel auf die
Bühne bringen, die tief verzweifelten. So zeigen sie den Tod als Dealer
und Amadeus als Figur, die sich dem Genius auf der Bühne als seelenverwandt
offenbart. Ottenthal, mit 210 Millionen Schilling Jahresbudget für 2 Produktionen
ausgestattet, will jedenfalls bei der Inszenierung nicht sparen. Dazu sei der
Stoff "zu stark und erfolgversprechend."
"Falco und Mozart hatten
die gleiche Haltung", resümiert Driest und geht noch weiter: "Ich
werde aber nicht nur spektakulär auf Drogen oder eine pornographische Performance
setzen. Falcos Leben bestand aus vielen Enttäuschungen, schon in der Jugend.
Das werden wir zeigen." Die Rolle des Falco spielt der deutsche Mime Axel
Herrig, der in der *Hochzeit des Figaro* im Theater Aachen ebenso wie in der
*Fledermaus* auf der Bühne stand, und somit für die Rolle des Falco
geradezu prädistiniert scheint.
- Der Film. Zu guter Letzt soll auch noch Falcos
Leben als Kinofilm über das geneigte deutsche Publikum hereinbrechen. Rudi
Dolezal und Hannes Rossacher, die sich nach Falcos Tod als wahre *Blutsbrüder*
zu erkennen gaben, arbeiten derzeit an einem Spielfilm über den verwichenen
Popstar. Kosten: rund 30 Millionen Schilling. Nach einem Hauptdarsteller wird
noch gefahndet.
- Falcos Villa als Museum. Doch nicht nur auf der Bühne und
im Film, soll Falcos Erbe hochgehalten werden. So plant Falcos Mutter, nach
Ende des Erbstreits, sowohl die Villa in Gars am Kamp als auch seinen Nachlass
in eine Stiftung, die *Falco Foundation* , einzubringen. "Aus Gars wollen
wir ein Museum machen", bestätigt sie gegenüber NEWS die Pläne.
So sollen Falco-Fans künftig scharenweise in die Waldviertel-Metropole
pilgern, um andächtig vor Hans Hölzels Gold-Schallplatten, seiner
Bildersammlung und sonstigen Devotionalien zu verharren.
- Grabtourismus. Falcos Grab am Wiener Zentralfriedhof
entwickelte sich mittlerweile zur Pilgerstätte. Der Obelisk aus blutroten,
afrikanischen Granit mit Panzerglasplatte von 2,4 Meter Durchmesser mit eingearbeitetem
Falco-Lichtbild scheint Fans nahezu anzuziehen. Maria Hölzel: "Die
Gärtner am Zentralfriedhof haben mir gesagt, es gibt kein Grab, das so
häufig besucht wird wie seines. Ich war noch nie an seinem Grab, ohne das
noch jemand anderer da war. Gruppenweise kommen und gehen die Leute, Autobusse,
Japaner, Deutsche, Ungarn. Erst gestern lagen wieder zwei reizende Liebesbriefe
an seinem Grab. Eine 60-jährige Frau aus Kassel hat mir erzählt, dass
sie immer, wenn sie in Graz Urlaub macht, extra nach Wien zum Hans fährt."
Auch in der Dominikanischen Republik
entwickelte sich die verstaubte Strasse, an der Falco starb, zur Stätte
morbider Triebabfuhr für All-Inclusive-Touristen. Zeitungsausschnitte von
damals werden mit der Realität von heute verglichen. Zur Besinnungsstunde
schenkt die Raststätte, in welcher sich der Unglückliche während
seiner letzten Stunden dem Tod nahe trank, Tequila und Planters Punch in praller
Sonne aus.
Prozess geht weiter. Wenige Kilometer weiter verharrt ein
mit wahrhaft karibischer Gelassenheit geführter Prozess in Unbeweglichkeit.
Falcos Mutter hat über den dominikanischen Anwalt Felix Ramos Privatklage
gegen den mittellosen Todeslenker, Cornelio Batista, Privatklage eingereicht.
Gemeint, weil haftbar, ist die Busgesellschaft, der Streitwert beträgt
20 Millionen Schilling. Zwei Jahre zieht sich das Scharmützel demnächst
hin. Mittlerweile ist Batista selbst das Opfer eines Verkehrsunfalls geworden
und liegt mit Serienbrüchen im Krankenhaus. Der Prozess musste darauf abermals
verschoben werden. Am 15. Juni 2000 will man wieder ans Werk. Bei dieser Gelegenheit wollen
die Anwälte von Falcos Mutter erreichen, dass der Obduktionsbericht, der
1,5 Promille Alkohol, Kokain und Mariuhana im Blut des Sängers nachwies,
als Beweismittel ausgesetzt wird. Auch an anderer Front ist die
Mutter noch aktiv: Falco-Vater, Alois Hölzel will seinen Pflichtteil. Solange
dieser Erbstreit nicht beigelegt wird, hat auch die *Falco-Foundation* auf Hans
Hölzels Nachlass keinen Zugriff.
Falcos Erbe. Die wahre Höhe des Erbes ist noch Gegenstand heftiger
Zerwürfnisse. Experten der Musikbranche schätzen die Summe auf 70
Millionen Schilling, im nahen Umfeld von Falcos ehemaligen Beratern ist von
12 Millionen die Rede. "Die eine Summe ist zu hoch, die andere viel zu
niedrig", kann der vom Gericht bestellte Gutachter Stephan Friedberg jetzt
schon bekannt geben. Der ehemalige BMG-Ariola-Boss, Doyen der heimischen Musikbranche,
forschte ein halbes Jahr im In- und Ausland. "Ich warte noch die AKM- und
Austro-Mechana-Abrechnungen 1999 ab, die seine Lizenzen und Tantiemen ausweisen.
Sonst bin ich mit meinen Recherchen fertig. Im Sommer 2000 können wir ziemlich
genau sagen, wie viel wirklich übrig ist. Wobei ich nicht prognostizieren
kann, wie viel die Musicals einspielen werden."
Riesengeschäft. Standen
zuletzt Falcos Platten wie Blei in den Regalen, war sein Tod gut für's
Geschäft.
- Das posthum veröffentlichte
Album *Out of the Dark* verkaufte sich öfter als eine Million mal, die
gleichnamige Singel doppelt soviel. Die zweite ausgekoppelte Single *Egoist*
, erreichte immer noch 500.000 Abnehmer. Allein in Österreich wurden diese
Tonträger mehr als 150.000 Mal erworben und zählten damit zu den erfolgreichsten
Tonträgern heimischer Interpreten in den vergangen Jahren.
Der *Best of* - Sampler
*The final Curtain* verkaufte sich eine halbe Million mal.
Dazu kommen enorme Verkaufszuwächse
aller zu Lebzeiten veröffentlichten Alben. Tonträger aus dem Backkatalog
wurden alleine in Österreich sensationelle 200.000 mal verkauft.
Nur das letzte nach seinem
Tode veröffentlichte (excellente) Album *Verdammt wir leben noch* mit Unveröffentlichtem
hält noch bei 130.000. Falcos Bandlesder Thomas Rabitsch, musikalischer
Leiter des *Cyber-Show*-Spektakels, fertigte es. "Der Mythos wird weiterleben",
beeidet Rudi Klausnitzer, Chef des Wiener Musical-Imperiums und Ko-Produzent
der *Cyber-Show*, - "Er war immer ein deutschsprachiger Künstler,
nie ein internationaler", fügt RTL-Chef Hans Mahr hinzu. "Auch
wenn er einen Hit in Amerika hatte: Sein Wirken berührte uns, aber ausserhalb
des deutschsprachigen Raums wenige."
Zur Lady Di des Pop hat es, allen
Anstrengungen seiner Verwerter zum Trotz, zuletzt doch nicht gereicht.
© by News 13/2000
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