Tod
und falsche Moral
Anläßlich des ersten Todestages bat NEWS die Falco-Wegbegleiter
Rudi Dolezal, Hannes Rossacher und Ö3-Chef Bogdan Roscic zu einem
Rückblick über Kommerz, Schmerzgrenzen und bösartige Kritik.
NEWS: Am Samstag jährt sich Falcos Tod. Wird dieser Tag
für sie etwas besonderes?
Roscic: Den großen Countdown und die Mega-Promotion zum
Todestag wird’s natürlich nicht geben. Aber wqir merken, wie ungeheuer
populär Falco nach wie vor ist. Er war immer fixer Bestandteil von
Ö3. Wir kriegen sogar noch ein Jahr nach seinem Tod unzählige
Fanbriefe.
NEWS: Ist Falco heute populärer als vor einem Jahr?
Dolezal: Die fans sind jünger geworden, wie man am Verkauf
von "Egoist" sieht. Mit Sentimentalität à la "Out of the Dark"
hat das aber nichts mehr zu tun. Den 14-jährigen "Viva"-Kids müssen
wir Falco erst im Nachhinein erklären. Die haben gar nicht gewußt,
daß vor "Out of the Dark" schon was anderes da war. Die haben "Kommissar"
für einen Krimi gehalten. Im abgelaufenen Jahr ist eine enorme Nachfrage
enstanden. Es wäre aus unserer Sicht falsch und scheinheilig, uns
zu verweigern.
NEWS: Aber der dramatische Tod hat Falcos Beliebtheit doch wieder
in vergessen geglaubte Dimensionen gehoben.
Dolezal: Ja, das muß man schon ehlrich eingestehen: jung,
schön, Weltstar, aus dem Leben gerissen. Wie John Lennon, Freddie
Mercury, James Dean, Elvis Presley – das ist ein gängiges Phänomen
und Mythos.
Roscic: Aber die platte wäre auch sonst erfolgreich geworden,
wenn auch sicher mit weniger Medienresonanz. In den Medien war er ja in
den letzten Jahren eher als österreichischer Promi mit privaten Problemen
präsent. Da ging es um Gerüchte von Frauen, Drogen, Schulden
und Alkohol. Der Tod hat den ganzen Müll wieder weggesprengt und viele
daran erinnert, wie genial Falco eigentlich war. Bei "Hoch Wie Nie" kriegt
doch jeder die Gänsehaut.
Rossacher: So wie dir ist es auch den anderen ergangen. Die sind
gegangen und haben sich die alten Hits wieder besorgt.
NEWS: Und Ihr habt mit Zusammenschnitten geschäftstüchtig
darauf reagiert…
Dolezal: Wir haben 20 Jahre Videos mit Falco gemacht. Man wird doch
nicht erwarten, daß wir das jetzt wegschmeißen. Der Zusammenschnitt
war ein Auftrag des ORF. Dafür haben wir 500.000 Schilling bekommen.Ein
absoluter Freundschaftspreis. Die Produktionskosten waren viel höher.
Roscic: Ich verstehe den Vorwurf eigentlich nicht: Warum sollen
Filmemacher plötzlich keine Filme mehr machen dürfen? Da kommt’s
doch eher auf den Inhalt der Zusammenschnitte an. Und daß jemand
für einen Film ein Honorar bekommt, ist doch wohl nicht illegal. Aber
der Tod stachelt manche Menschen zu einerMeisterschaft an Pietät an.
Auch Menschen, die vorher tüchtig auf den Toten hingehaut haben.
Rossacher: Der Hans hätte sich sicher gewünscht, daß
wir seine Arbeit zu Ende bringen. Wir sehen uns als Architekten einer Legende.
Die gemeinsamen Pionierjahre haben uns zusammenschweißt. Die Videos
zu "Out of the Dark" und "Egoist" waren mit ihm bereits besprochen.
NEWS: Keine Skrupel, am Tod des besten Freundes zu verdienen?
Dolezal: Das ist doch nicht die Frage! Da geht es um qualifizierte
Katalog-Pflege, die seinem Stellenwert gerecht wird. "Das Grab als Goldgrube",
das ist bösartig und kleingeistig. Genau dieser Provinzialismus hat
auch Falco aus Österreich vertrieben.
NEWS: Wozu habt ihr dann auch noch ein Buch auf den Markt gebracht?
Noch dazu eines, das mit einer angedeuteten Selbstmordversion das Pietätsempfinden
der Mutter verletzt hat?
Dolezal: Wir haben uns nur gedacht, daß es besser ist,
wenn wenn wir ein Buch schreiben, als wenn das Leute tun, die ihn weniger
gut gekannt habem. Wir haben Falcos Namen weder finanziell noch imagemässig
mißbraucht, um daraus Kapital zu schlagen.
Roscic: Ein Einwurf: Dieses Rittern um die Frage, wer ihn besser
und länger gekannt hat, finde ich weit schlimmer als das geschickte
Vermarkten von Büchern oder Filmen.
NEWS: Hätte Falco das Buch gefallen?
Rossacher: Das wär ihm sicher sogar noch zuwenig explizit
gewesen. Sex, Drugs & Rock’n’Roll – dieses Image hat er doch richtiggehend
gepflegt. Alles andere wäre für ihn doch rufschädigend gewesen.
NEWS: Das haben wir nach der Veröffentlichung des Obduktionsberichtes
auch gesagt. Damals habt ihr aber NEWS als Erfinder von Alkohol und Drogen
hingestellt…
Dolezal: Ich war damals emotional sehr unter Druck, sehe vieles
heute differenzierter.
NEWS: Zurück zum Buch…
Dolezal: Das ist der Weg zum Film, den man uns angeboten hat.
Und wenn der Falco jetzt bei der Tür reinkommen würde, würde
ihm zum Buch nur einfallen: "Heast Oida, wieviel hamma verkauft?"
NEWS: Und wieviel habt ihr verkauft?
Rossacher: 10.000 Stück. Finanziell ist das ein Schuß
in den Ofen.
NEWS: Für cchte Freunde ja kein Problem…
Rossacher: Darauf kommt’s gar nicht an. Wir sind keine Lohnschreiber.
Wir haben nach Frank Zappas Tod auch kein Buch über ihn gebracht,
obwohl wir das Angebot hatten. Genauso wie bei Freddie Mercury.
NEWS: Warum die Selbstmordversion?
Dolezal: das ist doch nur eine künstlerische Klammer. Wer
behauptet, das sei eine Selbstmordversion, hat das Buch nicht gelesen.
Wir wollten einen filmtauglichen Handlungsbogen schaffen. Wir haben uns
gewünscht, daß er seinen Tod nur vorgetäuscht hat und sich
über das Geschehene abhaut. Ein positives Ende also.
NEWS: Mama Hölzel sieht es aber anders.
Dolezal: Ich hab ihr das Buch vor dem Druck auf den Küchentisch
gelegt. Sie und ein Vertrauter haben sich viele Korrekturen gewünscht,
die ich alle umgesetzt habe. Sie war zufrieden. Jetzt wird sie unsicher,
weil irgendwer in ihrem Bekanntenkreis offensichtlich die Handlung nicht
verstanden hat. Wir haben uns ihr gegenüber korrekt verhalten: Wir
haben ihr auch den gesamten Buch-vorschuß von 25.000 Schilling übergeben.
NEWS: Geht euch eure öffentliche Kritik zu Herzen?
Dolezal: Natürlich hat mich das getroffen. Aber wir bringen
Mama Hölzel weiterhin großen Respekt entgegen. Wir gestehen
einer 70-jährigen Dame zu, daß die Sichtweie ihrem Sohn gegenüber
etwas anders sein mag. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Übrigens hat
auch meine Mutter vor Mama Hölzels Anregung das Buch gelesn und für
gut befunden.
NEWS: Macht es euch stutzug, daß euch die Kritik zerreißt,
weil ihr euch imemr im Rampenlicht sonnt?
Dolezal: Die Polemik halten wir aus. Diese Scharmützel sind
doch nuir Ausdruck von Neid un Kleingeist. Im Ausland wird unsere Arbeit
nach wie vor ehrlich geschätzt.
NEWS: Wieviel habt ihr an Falcos Tod verdient?
Rossacher: Ich seh nicht ein, daß wir dauernd im Regal
stehen, wenn es darum geht, jemanden zu blamen. An Falco verdienen auch
Verleger, Autoren, Interpreten und Plattenfirmen. Da werden zur Zeit sicher
zweistellige Millionenbeträge verdient. Dagegen sind unsere Honorare
Taschengeld. Die stehen nicht in der Öffentlichkeit, die kennt man
halt weniger.
NEWS: Vielleicht wäre es geschickter, sich mehr zurückzuhalten?
Rossacher: Wir haben uns nie aufgedrängt. Wir werden von
dem Medien oder sogart der Mutter gerufen, wenn es darum geht, daß
einer fünf g’rade Sätze über Falco sprechen soll.
NEWS: Wie sehen sie den Kommerz um Falco, Herr Roscic?
Roscic: Ich halte wenig von moralischen Rezensionen. Es ist doch
beruhigend, daß es keine Überraschungen gegeben hat: Die Wichtigtuer
haben wichtig getan, die die Heuchler haben geheuchelt, und die Depperten
waren deppert. |
Maria Hölzel über
die Zeit seit dem Unfall
"Manchmal
glaube ich noch an einen bösen Traum"
NEWS: Wie haben Sie das abgelaufene Jahr bewältigt?
Maria Ö: Manchmal glaub’ ich noch immer, daß das alles
nur ein böser Traum ist. Für eine Mutter ist es das Schlimmste,
wenn sie das eigene Kind überlebt. Ich bin überzeugt, daß
jedem Menschen der Zeitpunkt seines Endes bestimmt ist. Leider war das
beim Hans halt sehr früh der Fall.Aber irgendwie hatte ich das immer
befürchtet.
NEWS: Sie haben sich über das Buch von Dolezal/Rossacher abfällig
geäußert. Was gefällt Ihnen daran nicht?
Maria Hölzel: Diese Selbstmordtheorie ist die allergrößte
Frechheit. Auch sonst gehen die nur auf sein Schwächen los. Ich hab’
zum Rudi gesagt, er soll es seine Mutter lesen lassen und sie fragen, ob
sie so was über ihn lesen möchte. Ich jedenfalls finde: Blutsbrüder
schreiben andere Bücher.
NEWS: Aber Sie haben das Buch doch vorab gelesen und Ihren Sanktus
gegeben, es sofar als Denkmal im Vorwort gepriesen.
Maria Hölzel: Ich bin Diabetikerin. Meine Augen sind schlecht.
Ich she’ mit einem Auge nur 30%, mit dem anderen nur 50% und kann deswegen
nur schwer lesen. Darum habe ich meinen Cousin gebeten, es für mich
zu tun. Aber jetzt hör ich nur Negatives über dieses Buch. Auch
der Ronnie Seunig findet es schlecht.
NEWS: Mit ihm verbindet sie noch immer ein inniger Kontakt?
Maria Hölzel: Ja, wenn ich den Ronnie nicht hätt, tät
ich das ja alles gar nicht durchstehen. Der is wie mein eigener Sohn, nennt
mich sogar "Mama". Er hätte bei der Enthüllung der Gedenktafel
eigentlich auf das Pressefoto gehört. Aber kaum waren die Fotografen
da, sind der Rudi und der Hannes wieder dagestanden. Die sollen doch gleich
ein Video drehen: "Wir über uns".
NEWS: Ihre Enttäuschung sitzt wohl tief. Wollen Sie sich nicht
wieder mit den beiden versöhnen?
Maria Hölzel: Zu Weihnachten hat sich der Rudi bei mir gemeldet.
NEWS: Ist doch nett, oder?
Maria Hölzel: Wenn er es nicht getan hätte, hätt
ich es auch überlebt, Ich hab in dem Jahr mit so vielem fertig werden
müssen. Ich überleb auch das.
NEWS: Sie haben ja mit Marie-Luise Heindel, Ihrer Fast-Tochter, ebenfalls
ein Buch herausgebracht. Einen wunderschönen Bildband: "Privacy Falco".
Aber der hat ebenfalls Anlaß zu Ärger gegeben…
Maria Hölzel: Bitte schön, so eine gute Freundin war
die Frau Heindel ja nie. Sie ist auch nicht die Herausgeberin des Buches.
Das bin doch ich.
NEWS: Aber sie hat doch eigens einen Verlag für die Herausgabe
gegründet und viel Geld vorgestreckt.
Maria Hölzel: Aber die ganzen Fotos sind ja von mir. Und
die Verlegerin ist auch nicht fähig, das Buch ausreichend zu vermarkten.
Es wird praktisch keine Reklame dafür gemacht.
NEWS: Werden Sie sich mit Hans’ Vater demnächst wegen des Erbes
einigen?
Maria Hölzel: Ich hätte es gern schon erledigt. Aber
es zieht sich, weil der Herr Hölzel nicht weiß, was er will.
Wozu macht man eigentlich ein Testament? Der Hans hat ausdrücklich
geschrieben "alleinige Universalerbin". Er hat immer zu mir gesagt, daß
man das so formulieren muß. Der Hans hätt’ nicht gewollt, daß
der Vater erbt.
NEWS: Haben Sie die Aussprache mit Ihrem Ex-mann gesucht?
Maria Hölzel: Er hat uns vor 30 Jahren verlassen und soll
bleiben, wo er ist. Was mich stört, ist, daß er den letzten
Willen seines Sohnes nicht respektiert.
NEWS: Werden Sie das Erbe antreten? Sie sprechen ja immer von den
hohen Verbindlichkeiten, die bestehen.
Maria Hölzel: Es ist nicht gesagt, daß überhaupt
etwas übrigbleibt. Ich bin keine so vermögende Frau. Das Erbe
werde ich wohl doch antreten. Das bin ich dem Hans schuldig. Außerdem
steckt ja auch viel von mir drinnen.
NEWS: Am 16. Februar beginnt der Prozeß. Sie haben im Sommer
angekündigt, daß dem Busfahrer nicht passieren soll…
Maria Hölzel: Der ist sicher zu schnell gefahren. Das hat
den Hans das Leben gekostet. Damit ist der Busfahrer schon genug gestraft.
Es kommt der Tag, der die ganze Wahrheit ans Tageslicht bringen wird. |